Poetry-Slam Meisterschaften erstmals in Wien


Nach 25 Jahren ist Österreich, genauer gesagt Wien, erstmals Standort der Poetry Slam Meisterschaften. Unüblich für eine Meisterschaft ist die Stimmung freundschaftlich und respektvoll – es wird auf ein umsichtiges Verhalten großen Wert gelegt. Die Finalrunden werden im Burgtheater und im Volkstheater von W24 live übertragen.

Ein Bericht von Elisabeth Hess (Veröffentlichungsdatum: 3.Nov)

Vorhang auf für die Dichterschlacht: Von 2. bis 6. November finden die 26. Deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften zum ersten Mal in Wien statt. Das Literaturfestival wird jedes Jahr in einem anderen Land abgehalten, dieses Jahr ist Österreich Austragungsort. Die elf Veranstaltungsorte befinden sich in Wien und reichen vom Burgtheater bis zum Theater am Spittelberg. Die teilnehmenden Slam Poet:innen kommen aus dem deutschsprachigen Raum, also aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein, Belgien und Südtirol. 

Wortkunst deluxe

Ein Poetry-Slam ist ein literarischer Wettbewerb und unterliegt bestimmten Regeln: Der Text des Poeten muss selbstgeschrieben sein und in einer bestimmten Zeit (bei dieser Slam Meisterschaft sind es sechs Minuten) vorgetragen werden. Im Publikum werden willkürlich Jurymitglieder ausgewählt, die nach jedem Slam Punkte von eins bis zehn vergeben. Dabei wird jeweils die höchste und niedrigste Punkteanzahl gestrichen. Die Deutschsprachigen Slam- Meisterschaften sind Europas größtes Literaturfestival und werden vom Kulturverein „FOMP“ organisiert. „FOMP“ ist ein Akronym und steht für „Fear of missing Poetry“.

Vier Tage voller Poesie

Die viertägigen Meisterschaften bestehen aus zehn Vorrunden, sechs Halbfinals und zwei Finals im Einzel- und Teamwettbewerb.  Insgesamt treten 110 Poet:innen im Einzelwettbewerb an. Der oder die Gewinnerin trägt den Titel „Deutschsprachige:r Meister:in im Poetry Slam“.

Die zweite Vorrunde, die am 2. November im Werk X über die Bühne ging, wurde mit einem Special Guest eröffnet: Der 33-jährige Poetry Slammer Friedrich Herrmann hat sich in der Literatur-Szene einen Namen gemacht und gewann 2019 die Deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften.

Kein Platz für Ausgrenzung

Auf der Homepage der Slam-Meisterschaften führt FOMP außerdem einen Verhaltenskodex an: FOMP steht demnach für „ein wertschätzendes und respektvolles Miteinander, vor, auf und hinter der Bühne. Das unterstreicht auch Obfrau Janea Hansen im Gespräch mit stadtleben: „Wir sind tendenziell alle links orientiert, wir haben überhaupt keinen Platz für Rassismus oder für Antisemitismus auf unseren Bühnen. Das kommunizieren wir auch sehr klar. Bei Sexismus und Übergriffigkeiten versuchen wir ganz strikt vorzugehen, weil wir das einfach nicht haben wollen, weil wir finden, dass das etwas Angenehmes sein sollte, wenn man schon so viel von sich preisgibt.“

Dieser Verhaltenscodex wurde besonders beim Auftritt von Kai Bosch unter Beweis gestellt: Unter den insgesamt elf Teilnehmer:innen der zweiten Vorrunde im Werk X war er der einzige Mensch mit Behinderung. In seinem Slam paraphrasierte er aus dem Song „Spasst“ der deutschen Hip-Hop-Formation K.I.Z. und führte einen fiktiven Dialog mit einer Soziologiestudentin.

Kai Bosch paraphrasierte in der zweiten Vorrunde eine Songzeile des Rappers K.I.Z.

„Bei Sexismus und Übergriffigkeiten versuchen wir ganz strikt vorzugehen. wir finden, dass das etwas Angenehmes sein sollte, wenn man schon so viel von sich preisgibt.“

Janea Hansen, Obrau FOMP

Van der Bellen, der Instruktor

Für die Deutschsprachigen Slam-Meisterschaften erklärte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Regeln für den Poetry Slam mittels einer Videobotschaft. „Damit haben wir nicht gerechnet, dass solche Leute den Weg mitbereiten und uns da unterstützen“, sagt Janea Hansen, FOMP-Obfrau gegenüber stadtleben.

Jeder kann und darf slammen

Ebenfalls Mitglied von FOMP ist Yasmin Hafedh alias Yasmo MC. Mit 16 Jahren hat sie an ihrem ersten Poetry-Slam teilgenommen und ist mittlerweile in der Slam- und Rap-Szene nicht mehr wegzudenken. Im Onlinemagazine Madamewien erzählt sie, dass sie am Poetry Slam mag, dass er „offen ist und keine Vorkenntnisse braucht“. Ihrer Meinung nach sei er demokratisch, inklusiv und nicht elitär. Dem kann auch Janea Hansen zustimmen: „Um zum Beispiel ein Musikinstrument zu erlernen braucht man immer viel mehr Zeit, das braucht meistens auch Geld. Einen Stift und ein Papier können die Meisten Leute auftreiben und deshalb ist es auch so eine bunte Szene. Es gefällt mir, dass es verschiedene Menschen zusammenbringt“, sagt Hansen.

Die Ursprünge des Poetry Slams reichen bis ins Jahr 1986 zurück: Von Chicago ausgehend verbreitete sich die „Dichterschlacht“ weltweit. Seit 2016 wurde der Poetry Slam von der UNESCO in die Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

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https://fomp.eu/