Seit 2021 schickt der Verein AwA* im Auftrag der Stadt Wien Awareness-Teams an belebte Orte. Das Konzept hat über politische Organisationen und die Clubszene seinen Weg in den öffentlichen Raum gefunden.
Text & Fotos: Luca Niederdorfer
Mit Wasser, Traubenzucker, Erste Hilfe Artikeln und weiteren hilfreichen Gegenständen ausgerüstet, waren in den letzten Sommern in der Wiener Innenstadt sogenannte Awareness-Teams unterwegs. Dahinter steckt ein Projekt des gemeinnützigen Vereins AwA* (Anm. gesprochen Awa-Stern). Vor der Gründung waren die involvierten Personen schon seit 2017 dabei, Awareness-Arbeit in Wien organisiert zu betreiben. Den Ursprung hat das Konzept in antirassistischen und feministischen Organisationen. Es ging dabei um parteiische anlassbezogene direkte Unterstützungsarbeit, wenn Menschen von Diskriminierung, Übergriffen, Grenzüberschreitungen betroffen sind. Willi ist eines der Gründungsmitglieder des Vereins und selbst schon seit langem in diesem Bereich aktiv. “Viele von uns waren schon im Kontext von Unterstützungsarbeit oder antisexistischer Praxis aktiv, die heute im weitesten Sinn unter Awareness zusammengefasst werden. Ich mache bereits seit 15 Jahren Dinge, die ich mit dieser Arbeit assoziiere, aber da hat das noch nicht Awareness geheißen”, erklärt Willi. In den letzten Jahren sind Awareness-Teams vor allem über die Club- und Festivalszene einem breiteren Publikum bekannt geworden. Sie unterstützen dabei Personen in Not durch erste Hilfe oder mit seelischer Betreuung durch Gespräche. Auch in Konfliktsituationen können sie in einer Vermittlungsrolle auftreten. Awareness-Teams sind also nicht nur mit hilfreichen Gegenständen, sondern auch mit sozialen Kompetenzen ausgerüstet. Lange wurde diese Aufgabe auf Basis von Freiwilligenarbeit ausgeführt. Inzwischen gibt es jedoch Ressourcen, diese Arbeit auch zu bezahlen und entsprechende Schulungen anzubieten. Ein wichtiger Schritt dafür wurde in den letzten Jahren mit dem Start eines großen Projekts in Wien getan.
Der Weg nach draußen
Seit 2021 sind Awareness-Teams auch im öffentlichen Raum in Wien vor-zufinden. In den Sommermonaten sind drei Teams immer an Freitagen und Samstagen von 19:00 bis 04:00 im Einsatz. Jeweils ein Team ist am Karls-platz und am Donaukanal stationiert und zusätzlich ist ein mobiles Team in der Stadt unterwegs. Der Verein AwA* betreut dieses Projekt seit Beginn an. Neben den Awareness-Teams im öffentlichen Raum organisiert der Verein auch ganzjährlich Veranstal-tungsbetreuung und Bildungsarbeit.
Trotz der Förderungen könnte sich der Verein ohne die Arbeit von Freiwilligen aber nicht erhalten. “Ein großer Teil der organisatorischen Arbeit und auch der Vernetzungsarbeit passiert nach wie vor ehrenamtlich. Das wäre aktuell noch nicht zahlbar. da bräuchte es noch viel mehr Finanzierung, vor allem durch die öffentliche Hand”, sagt Willi. Auch die Mitglieder von AwA* starteten ihre Arbeit in Clubs und waren in der Szene schon sehr regelmäßig aktiv. Das änderte sich jedoch schlagartig mit dem Beginn der Covid-Pandemie. “Wir haben uns angeschaut, wohin sich die Arbeit verlagert hat. Die Einsätze in den Clubs sind natürlich komplett weggebrochen. Gleichzeitig haben die Leute aber nicht aufgehört zu feiern. Das hat sich halt größtenteils in den öffentlichen Raum verlagert”, erzählt Willi. Die Stadt war auf diese Veränderung nicht vorbereitet. Es mangelte einerseits an Infrastruktur, wie Toiletten und ausreichend fließendem Wasser, andererseits aber auch an sozialen Strukturen, wie mit dieser neuen Art des Feierns umgegangen werden soll. Diese Lücke wollte AwA* füllen und erarbeitete zusammen mit der IG Clubkultur ein Konzept, das anschließend der Stadt präsentiert wurde. “Aus unserer Perspektive war es notwendig, diese Unterstützungsstrukturen, die es sonst bei Feiern oder Festivals gibt, in den öffentlichen Raum zu bringen”, erklärt Willi.
Ein Präzendenzfall
Bis das Projekt ins Rollen kam, dauerte es allerdings ein wenig. Zu Beginn der Pandemie, noch dazu in einem Wahljahr, gab es in der Stadt wenig Ressourcen für neue Initiativen. Große Unterstützung für das Projekt gab es allerdings aus der Jugendarbeit. “Viele unserer Themen wurden von der Jugendarbeit schon lange verfolgt. Uns war das in der Form noch nicht bewusst, weil wir diesen Austausch davor noch nicht hatten”, erinnert sich Willi. Unter anderem deswegen erkannte die Politik die Notwendigkeit für Awareness-Teams anfangs nicht und wollte die Aufgabe an die Jugendarbeit abgeben. “Die Jugendarbeit hat dann aber gesagt, dass das gar nicht ihre Aufgabe ist, nicht ihre Zielgruppe und auch nicht der richtige Zeitraum. Der Großteil ist nicht die Nacht über aktiv und unsere Awareness-Arbeit findet halt sehr häufig in der Nacht statt. Wir haben dann das Angebot gemacht, auch in der Nacht arbeiten zu können”, sagt Willi dazu. Für den Sommer 2021 war dann ein Pilotprojekt geplant. Die Verhandlungen verliefen jedoch schleppend. Die Auseinandersetzung zwischen jugendlichen Feiernden und der Polizei am Karlsplatz im Juni 2021 änderte die Situation jedoch schlagartig. “Nach dem Konflikt kam dann sehr schnell die Anfrage von der Stadt, ob wir das nicht jetzt gleich schon machen können”, sagt Willi und fügt hinzu: “Ich hatte schon den Eindruck, dass die Stadt hier die Wahl hatte, repressiv oder sozial zu agieren und wir waren eine der wenigen möglichen sozialen Optionen”.
Teil der Stadt
Nach einer weiteren kurzfristigen Projektzusage für den Sommer 2022, wurde das Projekt dann 2023 groß ausgeschrieben. AwA* reichte wiederum ein Konzept ein und bekam die Zusage. Der Verein ist nun in einer ganzjährigen Förderung und kann neben fallweisen Anstellungen für Awareness- und Bildungsarbeit auch zwei Fixanstellungen für Büro- und Organisationstätigkeiten bezahlen. Ein zehnköpfiges Kernteam wird für die zahlreichen Projekte um einen Pool von bis zu 30 geschulten Personen ergänzt. Auch in der Stadtpolitik erfreut sich das Projekt inzwischen großen Zuspruchs. Vizebürgermeister und Jugendstadtrat Christoph Wiederkehr äußerte sich in einer Presseaussendung persönlich zur Arbeit von AwA*: „Die Awareness-Teams sind ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie schon kleine Maßnahmen Großes bewirken können. Nachts an Wochenenden in Wien unterwegs, zeigen sie, wie die Stadt über den Tellerrand blickt und Jugendlichen unkompliziert beisteht. Neben Wasserausgaben verhindern sie Streit und Eskalationen und kümmern sich durch Gespräche um die Jugendlichen. In einer Metropole wie Wien ist eine respektvolle Nutzung des öffentlichen Raums essenziell. Ein herzlicher Dank gebührt den Awareness-Teams für ihren Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben in der Stadt.“ Auch diesen Sommer werden die Awareness-Teams wieder in Wien unterwegs sein. Durch die zusätzlichen Ressourcen können sie heuer voraussichtlich schon im Mai starten. Ab dann sind sie wieder den ganzen Sommer an Wochenenden für Menschen in Wien da.
Weitere Infos zu AwA* und der Arbeit der Awareness-Teams gibt es hier zu finden:
www.wien.gv.at/freizeit/bildungjugend/jugend/awareness-teams.html