Willkommen in der Toskana von Wien


von Martin Zimmermann

Das Josefstädter Straßenfest verwandelt Jahr für Jahr die Josefstädter Straße in einen autofreien Hotspot der Unterhaltung, der Lebensfreude und des Zusammenkommens. Was ist das Erfolgsrezept des Festes?

Die Josefstadt ist mit gerade einmal 1,1 Quadratkilometern der flächenmäßig kleinste Bezirk in Wien. Doch in und zwischen den prunkvollen Altbauten ist der 8. Bezirk vollgefüllt mit Lebensenergie, Freude und Gemeinschaft. Nicht umsonst wird die Josefstadt oftmals als Mikrokosmos mit dörflichen Strukturen inmitten einer Großstadt bezeichnet, meint Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne). So viel Kultur, Handwerk, Vereine, kleine Läden und ein stets mitschwingendes familiäres Gefühl gibt es wohl auf so engem Raum in Wien kein zweites Mal.

Das Josefstädter Straßenfest verwandelt die Straße in einen Ort für alle Bewohner:innen. ©Zeilight Pictures

Besonders zum Vorschein kommt dieses Gefühl für die Josefstadt beim alljährlichen Straßenfest. Es wird seit vielen Jahren veranstaltet, so auch am 22. September 2023. Beauftragte Veranstalterin war hier Elisabeth Brandl mit ihrer Firma Brandlevents. Im Gespräch über den Austragungsort meint sie schmunzelnd: „Mir ist das vorgekommen wie die Toskana von Wien“, denn „in der Toskana hält sich auch kein McDonalds, genauso wie in der Josefstadt und speziell auf der Josefstädter Straße.“ 

Die Straße verwandelte sich zu diesem Anlass in ihrer vollen Breite in ein buntes Treiben aus Geschäften, Kunst- und Kulturangeboten und natürlich jede Menge Essen und Trinken. „Flanieren, Spazieren, Informieren, Tanzen und Spielen mitten auf der Straße“ – so bewirbt die Bezirksvorstehung Josefstadt das Fest. Und tatsächlich, für einen Tag werden die Autos von der Straße verbannt, die ansonsten nach wie vor ein wichtiges und viel befahrenes Bindeglied zwischen Ring und Gürtel darstellt. Doch für die Dauer des Straßenfestes gehört die Straße allen, die hier leben und feiern wollen. „Autofrei und lebensfroh“ bezeichnen Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne) und sein Team den alljährlichen Festtag.

Beim Josefstädter Straßenfest ins Gespräch kommen

Doch was ist es, was das längste Straßenfest Wiens im kleinsten Bezirk der Stadt so besonders macht? Wir haben nachgefragt bei der Agenda Josefstadt. Die Agenda ist beim Straßenfest jedes Jahr aufs Neue vor Ort. „Wir sind da, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Dabei fragen wir immer zuerst, ob sie aus der Josefstadt kommen, denn unser Angebot richtet sich an Josefstädter:innen“ erklärt Liette Clees, Projektleiterin der Agenda. Was Clees hier oft miterlebt, ist, dass „dieses Fest eben nicht nur die Leute aus dem Bezirk anzieht, sondern aus der ganzen Stadt“.

Was das Straßenfest für sie ausmacht? „Na das breite Angebot vor Ort, von Musik bis Essen ist es einfach super vielfältig.“ Und überhaupt sei der Kern des ganzen Festes doch die Vielzahl an Institutionen, die beim Fest dabei ist, erklärt Clees im Gespräch. Der Bezirk lebt von seinen Institutionen, vom Jugendzentrum in der Kochgasse bis zum musischen Zentrum in der Zeltgasse. Und beim Fest kommen sie alle zusammen. „Es sind eben nicht nur Geschäfte, die ihre Waren hier rausräumen“ so die Projektleiterin in Hinblick auf Straßenfeste in anderen Bezirken.

Auch das Theater Konfrontation möchte am Straßenfest mit den Menschen ins Gespräch kommen. ©Zeilight Pictures

Veranstaltet wird das erfolgreiche Fest bereits seit vielen Jahren. Ursprünglich ausgehend von den Geschäftleuten der Josefstädter Straße wird die Organisation der Veranstaltung als ganzes Jahr für Jahr neu ausgeschrieben. War es etwa zwischen 2002 und 2008 das Stadt Wien Marketingteam, so übernahm Elisabeth Brandl mit ihrer Firma „Brandlevents“ in den letzten zwei Jahren die Organisation. Das Programm im letzten Jahr konnte sich jedenfalls sehen lassen. Von der Eröffnung und Begrüßung durch die Bezirksvorstehung um 14 Uhr bis zum musikalischen Abschluss mit Livemusik und DJ auf zwei Bühnen war hier für alle etwas dabei. Mit Highlights wie Kinderflohmarkt, Fahrradcheck und kostenlosen Theater- und Museenführungen wurde jede Altersgruppe im Programm berücksichtigt.

Grünes Licht für Finanzierung steht 2024 noch aus

Auch Bezirksvorsteher Fabisch zeigt sich im Gespräch zufrieden mit dem Fest. In seiner Wahrnehmung besticht die Veranstaltung vor allem durch ihre inhaltliche Vielfalt. Denn die Polizeikapelle zu Beginn etwa habe bewusst „nichts mehr zu tun, mit dem, was die Jugend später zum Abendprogramm lockt.“ Dieser „generationsübergreifende Spirit“ sei hier ziemlich einzigartig, lobt Fabisch die Veranstalterin. Zu jedem Jahresbeginn steht neben der Eventausschreibung für die Bezirksvertretung natürlich auch die Frage nach der Finanzierung im Raum. In der Kulturkommission der Josefstadt müssen die Gelder jährlich dafür freigegeben werden – und das sei in diesem Jahr noch nicht passiert. Darüber sei Fabisch auch „etwas grantig“, denn nun stehen Extraschleifen an, bis die Finanzierung dann schließlich bestätigt wird. Er freut sich jedoch bereits auf die Ausgabe im Herbst 2024.

Auch in diesem Jahr bewirbt sich die Eventplanerin Brandl wieder mit ihrem Konzept für die Leitung und Organisation. „Als ich mich vor zwei Jahren mit dem Thema auseinandergesetzt habe – und es im Anschluss auch wieder zusammengesetzt habe“ meint Brandl schmunzelnd, „da ist mir aufgefallen, dass die Josefstadt eine ganz andere Struktur hat, als die anderen Bezirke“. Der Bezirk sei unglaublich kleinteilig, beschreibt die Planerin eines ihrer Herzensprojekte. Qualitative Vielfalt ist das Stichwort, das auf den Bezirk und damit auch auf das bunt zusammengewürfelte Straßenfest zutrifft. Qualität statt Quantität. Kein Verein, kein gastronomisches Angebot und auch kein Einzelhandel schreit hier nach mehr Raum und Vormachtstellung im Gebiet. Das sei 365 Tage im Jahr der Fall, so die Organisatorin. An einem der Tage, nämlich zum Straßenfest möchte sie diesen Fakt hervorheben – und der Erfolg gibt ihr und vielleicht auch ein Stück der ganzen Josefstadt, Recht.

Alle Infos zum Straßenfest 2023 finden Sie bei www.brandlevents.com.