von Sabrina Meier
Es ist durchaus ein sehr besonderer Ort im Servitenkloster im 9. Bezirk. Ein Ort, an dem die Dankbarkeit der Klient:innen mindestens genauso groß geschrieben wird, wie das Engagement der mehrheitlich freiwilligen Mitarbeiter:innen.
Das Caritas-projekt “Kurzzeitwohnen”
Das Haus Jaro ist 2019 entstanden und bietet obdachlosen EU-Bürger:innen ohne Krankenversicherung eine Möglichkeit auf gesundheitliche Rehabilitation. In Österreich ist es das einzige seiner Art. Für Menschen, die von Armut, Ausgrenzung oder Krankheiten betroffen sind, schafft das Jaro einen Wohnraum auf Zeit.
Von der Straße ins jaro
Eine von zehn Frauen im Haus ist Maria (Name von der Redaktion geändert). Maria landete Anfang 2021 nach einer schweren doppelten Lungenentzündung im Krankenhaus. Da sie zu diesem Zeitpunkt nicht versichert war, musste sie nach ihrem zweiwöchigen Aufenthalt im Spital in einer Winternotschlafstelle im 10. Bezirk unterkommen. Im Jaro wohnt sie mittlerweile seit Ende 2022.
Die meisten der Klient:innen – so werden die Bewohner:innen des Hauses genannt – haben in Österreich keinen Anspruch auf eine Krankenversicherung. Eine Behandlung nach einem Aufenthalt im Spital ist somit nicht möglich. „Die Leute haben keine Perspektiven, sie sind 60-70 Jahre alt, haben noch nie offiziell gearbeitet und demnach keine Ansprüche auf Sozialleistungen, also Gelder vom Staat.“, sagt Freiwilligen Koordinator Albert Kunter.
Wer darf ins Jaro einziehen?
Das Ziel einer Unterbringung im Haus Jaro ist eine gesundheitliche Rehabilitation. Die medizinische Betreuung erfolgt dabei durch das JaroMED, ein eigenes medizinisches Team im Haus. Täglich ist ein:e Allgemeinmediziner:in vor Ort, einmal pro Woche ein:e Psychiater:in. Das Haus Jaro wird von der Stadt Wien, genauer gesagt vom Fond Soziales Wien, voll finanziert.
Das Haus bietet Platz und medizinische Versorgung für maximal 70 Personen. Derzeit wohnen rund 60 Personen im Jaro, doch die Nachfrage ist weitaus größer. Die Anfragen an das Haus Jaro kommen von Krankenhäusern, Streetwork, Beratungs- und Betreuungseinrichtungen und der MA 15. Die Entscheidung, wer einziehen darf, erfolgt nach Abklärung des Betreuungsbedarfs und nach freien Betten.
“Obdachlose Menschen sind Menschen wie du und ich”
Im Haus Jaro sind derzeit rund 40 Personen fix angestellt, um die 50 Personen arbeiten auf freiwilliger Basis.
„Das besondere am Haus Jaro ist, dass wir ausgegrenzte Menschen, die keine Perspektiven haben, weiterhin wie Menschen wahrnehmen.”
Freiwilligen Koordinator Albert Kunter
Albert beschreibt Obdachlosigkeit als ein noch eher fremdes Phänomen, mit dem ein Großteil der Gesellschaft kaum Erfahrungen hat. Der Auftrag, die Klient:innen medizinisch bestmöglich zu betreuen, ist laut Albert genauso wichtig, wie ein wertschätzender Umgang auf Augenhöhe. Neben der ärztlichen Versorgung wird soziale Interaktion groß geschrieben: Spieleabende, gemeinsames Backen, Sport und Grillfeste bieten den Klient:innen mehrmals pro Woche Möglichkeiten, um aktiv zu bleiben.
Der jaro store
Das vielfältige Freizeitangebot wäre ohne Freiwilligenarbeit nicht möglich. Auch ein eigener Second Hand Shop im Keller des Klosters ist 2021 im Rahmen von „72 Stunden ohne Kompromiss“, einer Jugend-Sozial-Aktion von youngCaritas, der Katholischen Jugend und Ö3 entstanden. Im “Jaro Store” können obdachlose Menschen kostenlos Kleidung und Hygieneartikel erhalten.
Doch nicht alle Klient:innen sind gesundheitlich in der Lage, das Freizeitangebot im Haus Jaro zu nutzen. Ein ganz spezieller Fall hingegen ist Maria. „Ich bin sehr dankbar für dieses Haus, die haben sehr viel bei mir erreicht.“, sagt Maria.
Der traum der eigenen wohnung
Maria zieht demnächst nämlich in eine eigene Wohnung. Finanziert wird diese durch die Mindestsicherung, die sie dann erhalten soll. Bevor Maria obdachlos wurde, war sie Dolmetscherin – der Beruf sei aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr möglich, von ihrer neuen Wohnung aus möchte sie jedoch wieder Jobs als Übersetzerin nachgehen. Sie selbst kenne jedoch nur einen weiteren Klienten, der nach dem Jaro in eine eigene Wohnung ziehen konnte. “Nach dem Aufenthalt im Haus bleiben den meisten Menschen wie schon zuvor nur Notschlafstellen.“, sagt Kunter.
Sie wollen das Haus Jaro unterstützen?
Mit Hilfe Ihrer Spenden kann die Caritas obdachlosen Menschen einen Wohnplatz, Kleidung und Hilfe beim Weg aus der Obdachlosigkeit anbieten. Die Spendenabgabe ist täglich von 08:30 Uhr bis 19:00 Uhr möglich.