Der anonyme Streetartkünstler Banksy rief vergangene Woche „alle Ladendiebe“ dazu auf, Kleidung aus dem GUESS Store in der Londoner Regent Street zu stehlen. Das Modelabel bediente sich für eine neue Kollektion ungefragt an seinen Werken. Auch in Wien eröffnete vor Kurzem eine Banksy Ausstellung, die auf unautorisierte Werke zurückgreift.
Vergangenen Monat eröffnete in Wien die kostenpflichtige Ausstellung „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“. Die knapp 150 ausgestellten Duplikate wurden nicht von dem Streetartkünstler freigegeben. Immer öfter werden Banksys Werke ungefragt von großen Unternehmen aufgegriffen und kommerzialisiert. So auch von der Modemarke GUESS. Mit der kürzlich erschienenen GUESS x Brandalised Kollektion erntete die fast Fashion Marke seitens des Streetartkünstlers große Kritik. Banksy setzt sich mit seiner gesellschaftskritischen Kunst unter anderem für den Klimaschutz und bessere Arbeitsverhältnisse in Entwicklungsländern ein. Seiner Meinung nach habe sich der Modehändler an seinen Werken bedient. „Achtung an alle Ladendiebe. Bitte gehen Sie zu GUESS in der Regent Street. Sie haben sich an meinem Kunstwerk bedient, ohne zu fragen. Wie kann es falsch sein, wenn Sie das Gleiche mit ihren Klamotten tun?“, heißt es in seinem Instagram-Post. Als Reaktion auf Banksys Beitrag schloss der Modehändler temporär seinen Laden in London und verdeckte das Schaufenster. Laut GUESS entstand die Kollektion in Zusammenarbeit mit Brandalised, einer urbanen Graffiti-Lizenz, die es sich zur Aufgabe gemacht habe, Banksy-Fans erschwingliche Graffiti-Sammlerstücke anzubieten.
Unautorisierte Banksy-Ausstellung in Wiener Stadthalle
In Wien eröffnete Ende Oktober die unautorisierte Banksy Ausstellung „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“, zu der sich der anonyme Streetartkünstler bisher noch nicht äußerte. In insgesamt 13 Räumen wurden mehr als 150 Werke in Form von Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucke auf verschiedenen Materialien wie Leinwand, Stoff, Aluminium, Forex und Plexiglas eigens für diese Sonderschau reproduziert und zusammengetragen. Nach der Premiere im März 2021 in München, war die Wanderausstellung in Österreich bereits in Linz und Graz zu sehen. Nun ist sie erstmals in Wien. Der Veranstalter COFO Entertainment begründet die Nicht-Autorisierung der Ausstellung mit Banksys Anonymitätsstatus. „Ganz nach Banksys Motto ‚Copyright is for losers ©TM‘ sind […] die dort gezeigten Werke aufgrund seines anonymen Status nicht vom Künstler autorisiert.“, heißt es auf der offiziellen Webseite.




© Laura Mlakar / Banksy
Experte äußert sich kritisch
Kunsthistoriker Ulrich Blanché sieht es kritisch, dass bei der unautorisierten Nutzung Banksys Werke auf sein altes Zitat „Copyright is for losers ©TM“ zurückgegriffen wird. Der Banksy-Experte beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Streetartkünstler und schrieb mehrere Bücher über ihn. „‘Copyright is for losers ©TM‘ war eine künstlerische Aussage, ein Kunstwerk, das zudem vor einem Dutzend Jahren gemacht wurde und nicht lebenslang gegen den Künstler verwendet werden sollte. Es ist in sich ironisch und für sich selbst ein Absurdum. Es gab auch ein Werk in dem „Kill People“ im Text vorkam, dennoch wird Banksy nicht als Mörder verfolgt. Wenn Juristen zu Kunstinterpreten werden, wildern sie in Gebieten, in denen sie sich nicht auskennen.“, erklärt Blanché auf Nachfrage. Banksy sei kein Gerhard Richter, der an der Aura des Originals hängt. Er wünsche sich sogar, dass Menschen seine Motive aufnehmen, auf Demo-Plakate malen oder schlecht auf einen Schulranzen pinseln, so der Kunsthistoriker im NDR Kultur Interview. Er glaube nicht, dass ihn die Art und Weise wie ausgestellt wird stören würde, sondern vielmehr, dass damit Geld gemacht werde.
Echte Banksy Ausstellungen erkennt man daran, dass sie kostenlos sind.
Ein Raum für Banksys Stiftung
Der Eintritt für „The Mystery Of Banksy – A Genius Mind“ liegt pro Kopf bei circa 18 Euro. Kuratorin Virginia Jean hat sich darüber Gedanken gemacht, wie man die Banksy Repliken für den guten Zweck nutzen und Lösungsvorschläge bieten kann. Der letzte Raum der Ausstellung ist der Organisation Louise Michel gewidmet. „Hierbei handelt es sich um Banksys eigenes Projekt, ein Boot welches täglich im Mittelmeer Leben rettet. Die meisten anderen Ausstellungen unterstützen Banksy und seine Projekte entweder gar nicht oder unterstützen Projekte, hinter welchen Banksy gar nicht steht. Uns war es wichtig, wirklich ihn und seine Stiftung zu unterstützen. Nicht nur finanziell, sondern auch mit mehr Aufmerksamkeit für die Foundation. Deshalb ist ein Teil der Ausstellung immer Louise Michel gewidmet und informiert zusätzlich nochmal über das Projekt.“, erklärt Jean auf Nachfrage.


© Laura Mlakar / Banksy
Banksy Originale in München zu sehen
Autorisierte Banksy Ausstellungen, mit ausschließlich seiner Kunst plant momentan nur Banksy selbst. Jedoch gibt es Institutionen, die in Absprache mit Pest Control Banksy Originale zeigen. Pest Control ist das offizielle Kommunikationsorgan des anonymen Streetartkünstlers. „Die bekommen bestimmt 1000 Anfragen täglich, Antworten können teils Monate bis Jahre dauern.“, so Blanché. Wer echte Banksy Werke autorisiert nutzen möchte, muss also geduldig sein. Rund fünf Autostunden entfernt von Wien findet derzeit im MUCA München (Museum of Urban and Contemporary Art) die Ausstellung 25 Years statt. Neben zahlreichen Exponaten der Urban Art Szene umfasst 25 Years viele autorisierte Banksy Originale, welche von den Gründern des MUCA in über 25 Jahren zusammengetragen wurden.
Wer ist Banksy? Banksy ist ein britischer Graffiti-Künstler, politischer Aktivist und Maler. Trotz der Bekanntheit seiner Werke bleibt seine Identität anonym. Es wird angenommen, dass er aus Bristol stammt und unter 50 Jahre alt ist. Vor seiner Karriere als Streetart Künstler sei er Schaumaler gewesen und habe Festival-LKWs bemalt. Seine Werke sind gesellschaftskritisch und handeln unter anderem von Polizeigewalt, Krieg, Rassismus, Sexismus, der Klima- und Flüchtlingskrise. Neue Werke postet er auf seinem Instagram-Account. Erst vor kurzem bekannte er sich zu sieben neuen Werken, die er auf Kriegsruinen in der Ukraine malte.
Beitragsbild: Banksy, Copyright is for losers | © Dumbonyc/Flickr, CC BY-SA